Lernvikariat

Das Lernvikariat ist die Brücke zwischen universitärer Ausbildung und kirchlichem Dienst. Es bereitet auf den vielseitigen Beruf vor, den Pfarrer*innen ausüben dürfen. Das Lernvikariat bietet eine Grundausbildung, welche die individuellen Lernstände der Lernvikar*innen berücksichtigt und sukzessive erweitert. Im Lernvikariat werden bewusst alle Handlungsfelder des Pfarrberufs bespielt, zumal diese miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig ergänzen. Mögliche Schwerpunktsetzungen bauen nach dem Lernvikariat auf dieser breiten Basis auf. 

Im Lernvikariat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, das in enger Kooperation mit der Theologischen Fakultät der Universität Bern angeboten wird, verbindet sich ein Kirchgemeindepraktikum mit universitären und kirchlichen Kursteilen. Das gilt auch für das Lernvikariat der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Da das Lernvikariat mit dem Studienziel Pfarrer*in zu den weiterführenden Studien an der Universität Bern zählt, bleiben Lernvikar*innen während des Lernvikariates immatrikuliert, respektive haben sich neu zu immatrikulieren.

Am Ende des Lernvikariats finden das Staatsexamen und die kirchliche Qualifikation statt, die zusammen zur Ordination führen respektive zur Weihe. Lernvikar*innen wechseln dann von der begleiteten in die selbständige Berufsarbeit und gelangen von der Ausbildung in die Phase eigenverantworteter Weiterbildung und mögliche Schwerpunktsetzung. 

Nach Abschluss des wissenschaftlichen Studiums der Theologie dient das Lernvikariat dazu, Kandidat*innen in den reformierten Kirchendienst respektive in den christkatholischen Kirchendienst einzuführen. Globalziel des Lernvikariats ist es, dass Lernvikar*innen über die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, um die Startphase des Pfarrberufs erfolgreich gestalten zu können. Das Lernvikariat ermöglicht hierfür in Kirchgemeinden Raum für Erprobung und Entwicklung grundlegender Kompetenzen und Fertigkeiten. Kurse ermöglichen die individuelle und gemeinsame Reflexion einzelner Bereiche. Die intensive Begleitung durch ausgebildete Ausbildungspfarrpersonen sowie der Ausbildungssupervision sorgen für die individuelle Verfeinerung und Auffächerung der allgemeinen Lernziele. Hier werden Vorkenntnisse und zuvor erbrachte Qualifikationen berücksichtigt, um ein Lernen zu ermöglichen, das den unterschiedlichen Lernständen entspricht, die Lernvikar*innen mitbringen. Qualifikationsgespräche, Praxisvollzüge und theologische Reflexionen geben den prüfenden Institutionen die Möglichkeit, Fähigkeiten und Entwicklungen mitzuverfolgen und zu qualifizieren.

Voraussetzung zur Aufnahme in das Lernvikariat der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ist das universitäre Masterexamen an der Theologischen Fakultät der Universität Bern mit integriertem Praktischem Semester oder ein ITHAKA-Studium mit Praxiswochen und bestandenem kirchlichen Bewerbungsgespräch. Masterabschlüsse in evangelischer Theologie an den Universitäten Basel und Zürich mit kirchlichem EPS gelten als gleichwertig. Alle anderen Abschlüsse müssen zum Berner Master mit Praktischem Semester äquivalent sein, sonst kann keine Aufnahme ins Lernvikariat erfolgen. Eine Übersicht über andere Abschlüsse und ihre Äquivalenz zum grundlegenden Master in Bern gibt das Merkblatt über die Zulassung zum Lernvikariat. Wer mit einem anderen Abschluss als dem Berner Master ein Gesuch über eine Aufnahme ins Lernvikariat stellen möchte, hat dieses nach einem Gespräch mit der Leiterin des Praktischen Semesters bei dieser einzureichen. Sie leitet dieses dann weiter an den Ausbildungsrat, der die strategische Verantwortung für die Ausbildung im Lernvikariat trägt.

Wer Pfarrer*in in der christkatholischen Kirche werden möchte, braucht einen Masterabschluss in christkatholischer Theologie mit integriertem Praktischen Semester an der Universität Bern. Bei anderen Abschlüssen ist der Bischof der christkatholischen Kirche der Schweiz zwingend zu kontaktieren.

Das Lernvikariat dauert 14 Monate und kann auf formlosen Antrag hin als ein 50%-Lernvikariat (Dauer 26 Monate) oder als ein 80%-Lernvikariat (Dauer 18 Monate) absolviert werden. Vorgängig des Antrags ist ein Gespräch mit dem Leiter Lernvikariat zu führen. Durch die Möglichkeit eines 50%- und 80%-Lernvikariats gibt es zwei flexiblere Modelle, die beispielsweise für Kandidat*innen mit Kindern interessant sein können. Grundsätzlich finden bis auf einen Kurs mit externer Übernachtung alle Kurse in Bern und Umgebung statt. Im vorgebenden gesetzlichen Rahmen für das Lernvikariat gibt es schliesslich Freiräume, die in Absprache mit den Ausbildungspfarrpersonen individuell gestaltet werden können. 

Lernvikar*innen stehen während der Ausbildungszeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis, dem die Lernvikariatsanstellungsverordnung zugrunde liegt. Bei einem vollzeitigen Lernvikariat (100%) werden 60 Prozent als praktische Ausbildungszeit entschädigt, 40 Prozent gelten als nicht entschädigte theoretische Ausbildungszeit. Die Entschädigung setzt sich zusammen aus dem Jahresgehalt, der Betreuungszulage und den Familienzulagen. Eingereiht werden die Lernvikar*innen in die Gehaltsklasse 18 (Stufe Grundgehalt). Lernvikar*innen, die ein 80%- oder 50%-Lernvikariat absolvieren, erhalten das gleiche Gehalt wie bei einem 100%-Lernvikariat, allerdings dann auf 18 respektive 26 Monate verteilt ausbezahlt. Lernvikar*innen haben den Anspruch auf fünf Wochen Ferien anteilmässig pro Kalenderjahr, was auf 14 Monate berechnet 29 Arbeitstage bedeutet. Die Christkatholische Kirche richtet sich nach den Ansätzen der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. Je nach Ort des Lernvikariats wird auch ein Wohngeld entrichtet. Ansprechpersonen sind der Bischof und der Finanzverwalter der Christkatholischen Kirche der Schweiz.

Die Anmeldefrist für das Lernvikariat ist jeweils der 31. Dezember des Vorjahrs. Dann müssen sämtliche Unterlagen beim Leiter Lernvikariat eingereicht sein.

Beim reformierten Lernvikariat weist der Ausbildungsrat die Lernvikariatsplätze auf Antrag der KOPTA definitiv zu. Bei einem christkatholischen Lernvikariat braucht es vor der Anmeldung ein Gespräch mit dem Bischof, in Rücksprache mit dem*r Kandidat*in gibt es dann die Zuteilung eines Lernvikariatsplatzes. Der verbindliche Zeitplan wird spätestens fünf Monate vor Lernvikariatsbeginn publiziert.

Das 100%-Lernvikariat beginnt am 1. August und dauert bis am 30. September des darauffolgenden Jahres. Bei einem 50%-Lernvikariat wird die Ausbildungszeit um 12 Monate verlängert. Das 80%-Lernvikariat beginnt am 1. April und dauert bis am 30. September des darauffolgenden Jahres. Zeiten in der Kirchgemeinde wechseln sich ab mit Kurstagen und -wochen an der Universität. Das Lernvikariat mit dem Studienziel Pfarrer*in zählt zu den weiterführenden Studien an der Universität Bern. Lernvikar*innen haben an der Universität Bern immatrikuliert zu sein. Auf der Homepage der Universität finden sich Informationen über die Immatrikulation. Die Eingangsqualifikation im Oktober, die Zwischenqualifikation im Januar und die zeitgleich mit den Prüfungen des Staatsexamens stattfindende Schlussqualifikation im September strukturieren die Lernvikariatszeit.

Das reformierte Lernvikariat wird durch das Bestehen der Schlussqualifikation (in der Kompetenz des Ausbildungsrats) und durch das Staatsexamen (in der Kompetenz der Evang.-ref. Prüfungskommission des Kantons Bern) abgeschlossen und schafft die Voraussetzung für die Ordination und die Wählbarkeit durch die Aufnahme in den Bernischen Kirchendienst. Die Ordination folgt jeweils Ende Oktober.

Im christkatholischen Lernvikariat finden ebenfalls ein dreistufiges Qualifikationsverfahren und das Staatsexamen statt. Das Qualifikationsverfahren führen der Bischof und eine Vertretung aus dem Synodalrat durch. Für das Staatsexamen ist die Christkatholische Prüfungskommission des Kantons Bern zuständig. Die Weihe zum*r Priester*in nach bestandenen Qualifikationen findet durch den Bischof statt.